Jeder Mensch ist anders. Das ist gut, aber wenn man ganz anders ist als andere Menschen, dann ist es nicht mehr gut. Man fällt einfach auf.
Meine Geschichte:
Sie begann eigentlich schon, als ich ein Baby war. Meine Eltern haben mir erzählt, dass ich im Urlaub nicht schlafen konnte und nächtelang durchgeweint habe.
Später habe ich zum Beispiel nicht wirklich mit Puppen gespielt und keine Rollenspiele gemacht. Als ich in der 8. Klasse war, ging es um den Beruf, und ich habe bemerkt, dass sich alle auf diese Veränderung gefreut haben, außer ich. Viele meiner Klassenkameradinnen interessierten sich auf einmal viel mehr fürs Schminken, Shoppen und Gespräche über Jungs. Ich bin immer noch das Kind. Ich schlafe immer noch mit Kuscheltieren und unternehme viel lieber etwas mit Jüngeren. Ich habe Angst vor Veränderungen, ich möchte für immer in die Schule gehen und nicht in den Beruf. Ich freue mich seit vielen Jahren nicht mehr auf meinen Geburtstag, denn mit 18 Jahren sollte man vieles alleine schaffen, aber einiges schaffe ich noch nicht alleine. Erzählt man das jemandem, versteht er es nicht. Irgendwann hat man keine Lust mehr, mit jemandem darüber zu reden.
Mit 16 Jahren war ich mit meiner Freundin und ihrer Familie beim Campen. Dort war es mir viel zu laut, darum habe ich oft Ruhe gesucht. Die Mutter meiner Freundin lernte mich erst da richtig kennen und wurde durch mich an einen Film erinnert, den sie gesehen hatte, und in diesem Film ging es um eine autistische Frau. Nach dem Campen erzählte sie das meiner Mutter und meinte, dass ich Ähnlichkeiten mit dieser Frau hätte. Daraufhin ließen wir mich mit fast 17 Jahren auf Autismus testen. Wenige Wochen später der Befund: Ich bin Autistin!
Was nun? Ich wusste ungefähr, was Autismus ist. Nach der Diagnose hat man sich freier gefühlt, denn einige Personen kannten Autismus und haben dann etwas besser verstanden, wie ich mich fühle. Ich bin froh, dass ich seit der 1. Klasse auf eine Sprachheilschule gehe. Wäre ich das nicht, wie wäre es dann in einer großen Klasse mit ganz normalen Menschen? Würden die mich annehmen, so wie ich bin? Viele Autisten haben Ticks, zum Beispiel dass man mit den Händen oder Armen zappelt, wenn man sich freut oder aufgeregt ist, oder dass man immer den gleichen Sitzplatz haben möchte. Man muss sich in der Schule verstellen, um nicht aus der Reihe zufallen, das strengt sehr an. Denn in der Schule sind viele Leute und viel Lärm. Das vertrage ich nicht. Deshalb bin ich in meinen Pausen bei uns in der Schülerbücherei, um ein wenig Ruhe zu bekommen. Zuhause kann ich so sein, wie ich bin. Zuhause muss ich mich von der Schule und den Menschen, die um mich herum waren, erholen. Denn dies macht mich sehr müde.
Mir fällt es schwer, neue Freundschaften zu schließen, denn es gibt viele Personen, bei denen der Unterschied zu mir einfach zu groß ist. Sie können mich nicht so annehmen, wie ich bin. Mit meinen zwei besten Freundinnen verstehe ich mich gut, denn beide verstehen mich und akzeptieren mich so wie ich bin. Durch meine eine Freundin habe ich viele neue Erfahrungen mit Kontaktaufnahme zu anderen Menschen gemacht. Hätte ich niemanden, der mich mitnimmt oder mich begleitet, würde ich wohl nirgends hingehen. Seit der Diagnose Autismus kann ich endlich so sein, wie ich bin.
Rebecca R., Klasse 9, Lindenparkschule Heilbronn