Goldmarie

Sie will die Goldmarie sein,
so hat sie schließlich der Opa genannt, der Vater danach.
Goldmarie, Goldmarie,
niemand gibt Acht,
dass sie klein ist und dass sie nicht weiß,
dass Nichtstun nicht zum Goldensein reicht.
Sie will die Goldmarie sein.

Goldmarie merkt,
Nichtstun reicht nicht aus,
also strengt sie sich an,
will immer höher hinaus,
so hoch sie nur kann.

Das Leben läuft, die Noten stimmen.
Und über Goldmaries Köpfchen klingen
die Worte goldhell: „Gut gemacht!“,
„Das ist alles, was ich will,
das ist alles, was ich hab“, denkt Goldmarie,
denkt gar nicht nach,
denkt weder an Schlechtes, noch an all das,
was sie gibt für den goldenen Namen, mit keinem
Gedanken ist ihr bewusst,
dass sie jetzt immer golden sein muss.

Weil Goldsein an sich, das ist nicht schlimm,
nein, Goldsein für immer,
Goldmariechen,
für immer leben für ein fremdes „Sehr gut!“
und dabei zehren von all deinen Kräften,
nur um goldene Zeiten ganz nach oben zu heften
in Lebensläufen und auf Papier
von andren Leuten, denn die Meinung andrer von dir
ist doch von Bedeutung …
Oder?
Oder?
Fragt sich Marie,
auf der Spitze der Leiter,
so einsam war sie noch nie,
wie geht es jetzt weiter?

Magazine stapeln sich um sie herum.
Mit Schlagzeilen wie: „Sei dünn, nein Haut und Knochen,
dann bist du genug“, um Menschen zu gefallen, die das ehrlich keinen Scheiß interessiert.
Es geht nur darum, Marie, dass du endlich kapierst,
dass du nie gut genug bist in dieser Welt,
deren Gesellschaft so hart ist, dass ihr niemand gefällt,
diese Welt, die dich zwingt zu Konsum und dir komplett leer verspricht,
dass mit Dating-Apps und Schlankheitstipps
der Damm endlich bricht,
dass du mit Titel und Cash und Statussymbol,
das endlich holst,
was du willst, doch es ward dir schon gestohlen.

Marie, du bist fertig, am Ende, leer.
Dein Weg ins Glück existiert nicht mehr.
Wiederum jemand, der so golden war,
ist gebrochen, wie’s mit so vielen vor dir geschah.
Solche, die geeifert haben und gekämpft,
für so etwas, wie das, das du Glück nennst,
Marie.

Siehst du nicht,
dass du die richtige Lösung bist?
Denn dein eigenes Golden ist golden genug.
Und über deine eigene Zukunft entscheidest nur du.

Sie wollte die Goldmarie sein,
golden
und gut,
bis sie erkannt hat, dass wirklich genug
nur sie definiert, nur sie für sich.
„Die Goldmarie sein? – Das will ich nicht!“

Katherina Schmitt, Klasse BvB, USS GmbH Öhringen